Wie alles begann (long version):

1974 war das Jahr, in dem ich als Viertklässler mein Hobby von meinem Bruder übernahm. Ich, der Jüngere, brachte für ihn von den zwei mal jährlich stattfindenden sog. Sperrmüllaktionen brauchbare Radios oder Fernsehgeräte nachhause. Nachdem ich Atze eine Zeit lang bei seinen Reparaturversuchen zugesehen hatte, war mein Interesse geweckt. Schon bei der nächsten Entrümplungsaktion arbeitete ich für die eigene Kasse, denn mein Taschengeld brauchte Aufbesserung. Der Verkauf eines Radios an einen Klassenkameraden konnte schon mal ein zig-faches davon einbringen. „Du bringst mir eine Erlaubnis deiner Eltern und ich verkaufe dir ein Radio oder Fernsehgerät“- so lief das!

Sehr bald reichte mir der Nachschub, den die „Gerümpelaktion“ (so die offizielle Bezeichnung des durch A5-Plakatchen in Treppenhäusern angekündigten Großreinemachens) lieferte nicht mehr aus. Ideen waren gefragt! Kurz darauf traf man mich „klinkenputzend“ in den Plattenbauten Mittes mit Texten wie: „Guten Abend. Ich komme von der Arbeitsgemeinschaft „Junge Elekroniker“. Wir suchen alte Radios, Fersehgeräte oder so, an denen wir uns austoben können“. Diese Methode versorgte mich in mancher Woche mit bis zu 10 Geräten. Nur ein Teil davon war zu reparieren. Der Rest wartete auf Entsorgung bis zum Frühjahr oder Herbst, wenn jedermann wieder all sein obsoletes Zeug auf die Straße werfen durfte.

Ein älterer Herr, der mich damals mit einem schönen Röhren-Radio namens OBERON (linke Abb.) sponsorte meinte, er hätte da noch ein Tonband im Keller. In Erwartung eines alten Spulentonbandgerätes stolperte ich mit ihm die Treppen hinunter. Nach einigem Wühlen streckte mir seine Hand das unten rechts abgebildete Gerät entgegen: „ist hinüber“. Mein Herz sprang im Dreieck. Sowas wie dieses Kassettengerät (erstes Importgerät der DDR aus Japan!) hatte ich nicht erwartet. Mitte der siebziger Jahre waren Kassettenrecorder der Traum eines jeden Teenies und locker ein Monatsghalt an Aluchips wert. Und nun hatte ich einen (Ich war erst in der vierten Klasse!). Dieses Grät kam etwa zeitgleich mit dem ersten RFT- Kassettentonband KT100 für 550,- Mark (der DDR) in den Handel:


Das Gerät war nicht wirklich kaputt sondern nur stark abgenutzt. Deshalb sollte der Tonkopf und die Riemen ersetzt werden, meinte ein Mann in der Werkstatt. Meine eigenen Reperaturmöglichkeiten beschränkten sich ja auf Röhrengeräte. Lässig blätterte ich 3 Wochen später die 93,- Mark für die Reparartur hin und war glücklich. Torsten aus meiner Klasse überspielte mir die ersten 2 Schallplatten auf 2 Westkassetten, die ich mir besorgt hatte: Abba und The Rubettes. Interessanter als der Content scheinen mir heute die Kassetten und deren Labels selbst: „Happy-Sound“ und „Exclusiv“ waren Billigmarken jener Tage:


Die „Atacassette HM-100“ ist ein einfacher Mono-Compact-Casetten-Recorder mit Piano-Keys, einem Schieberegler für die Lautstärke und automatischer Aufnahmeaussteuerung. Eine Pause- oder Ejecttaste sucht man am Gerät vergebens. Das Tape musste mit den Fingern aus dem Laufwerk gehebelt werden. Mit dabei ein Mikrofon mit Schalter für die Pause beim Aufnehmen. Immerhin: ein Netzteil ist eingebaut, was bei den zwar billigen aber schlechten Zink-Kohle-Batterien ein Segen war. Die Tonqualität entsprach eher einem Diktiergerät.

1 Kommentar:

  1. Das Gerät war bis zum Ende der DDR bei meiner Mutter auf Arbeit (MDV der DDR/Interflug) als Diktiergerät zum aufsprechen der medizinischen Befunde im Einsatz.

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